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Channel: Schwarze Limetten
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Erste Worte - letzte Worte

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Wir überlegen seit vielen Wochen, was wir deinen Kindern schreiben.

In Absprache mit dem Jugendamt wird der Mann nun zum Treffen ein Heft mitnehmen, das wir alle gemeinsam gestaltet haben. Dort werden deine Kinder Bilder finden, von ihrer Zeit bei uns. Bilder von dem Haus, in dem wir leben. Bilder vom Garten. Von den Tieren. Und natürlich von uns allen. Jeder von uns hat einen eigenen Brief geschrieben. Die Großen alleine, die Kleinen mit Hilfe. Aber jeder hat sich so unendlich viel Mühe mit seinem Brief gegeben. Dort steht auch drin, wie sehr wir uns freuen, sie wiederzusehen. Dass wir gespannt sind. Mit offenem Herzen und offenen Armen.
Kind3 geht es sehr nahe, dass deine beiden Kinder keine Mutter mehr haben und es malt und bastelt unermüdlich für dieses Treffen, auf das es gar nicht mitdarf. Aber es will, dass die zwei ein gutes Gefühl haben, weil sie doch so "unendlich traurig" sind.
"So wie ich es wäre, Mama. Wenn du tot wärst."
Mir zerreißt es das Herz, dass du deine Kinder nicht weiter begleiten konntest.

Und in all diesen Ereignissen, die sich für uns und alle Kinder förmlich überschlagen, erfahre ich am Wochenende von einem deiner Briefe, die du direkt vor deinem Tod geschrieben hast.
Ich muss dich nicht verstehen.
Aber ich möchte dir so gerne sagen, wie traurig es mich macht, dass du im Sterben noch so viel Bitterkeit und Hass empfunden haben musst.
Ich kann nur hoffen, dass es dir vielleicht Frieden gebracht hat, vor deinem Tod noch abzurechnen.
So absurd dieser Gedanke für mich auch ist.

Der Mensch, der deine Kinder ihr ganzes Leben lang begleitet, während deiner gesamten Krankheit so viel getragen hat und den ich in all den Jahren nie ein schlechtes Wort über dich habe sagen hören, hat deinen Brief in Zorn und Trauer im Feuer verbrannt.

Asche zu Asche.

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